Wie steht es um die Windenergie in Thüringen?
Eine kommentierende Kurzanalyse von Ramona Rothe zum Stand der Windenergie in Deutschland und Thüringen. Für die ThEGA-Bereichsleiterin Erneuerbare Energien haben sich die bundesweiten Bedingungen für den Ausbau der Windenergie 2022 verbessert. Nun müsse es Thüringen gelingen, die vom Bund vorgelegten Parameter zügig umzusetzen.
Die Zahlen sprechen für sich: 2022 war der Anteil der Erneuerbaren Energien am bundesweiten Stromverbrauch mit 49 Prozent (etwa 256 TWh) so hoch wie nie. Hierbei war die Windenergie die tragende Säule und hat erstmals die Kohle als größten Leistungsträger abgelöst. Auch fernab dieser Zahlen erlebte Deutschland im vergangenen Jahr eine neue Dynamik beim Ausbau der Erneuerbaren Energien. Verantwortlich dafür sind vor allem die zahlreichen Beschleunigungspakete, die der Bund auf den Weg gebracht hat. Damit sollen die Bundesländer in die Lage versetzt werden, die deutschen Ziele für den Zubau der Erneuerbaren zu erreichen.
Neue Gesetze sorgen bundesweit für Dynamik
Die im „Osterpaket" beschlossene Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) bringt umfangreiche Neuerungen, höhere Einspeisevergütungen und Verbesserungen für den Ausbau der Photovoltaik sowie eine höhere finanzielle Beteiligung von Kommunen bei Windenergie. Das Wind-an-Land-Gesetz soll Planungs- und Genehmigungsverfahren für Windenergie beschleunigen und die notwendigen Flächen dafür bereitstellen. Für Thüringen heißt das: Von heute 0,4 Prozent der ausgewiesenen Flächen für Windenergie müssen bis 2027 1,8 Prozent Fläche in die Ausweisung. Eine Steigerung auf insgesamt 2,2 Prozent der Landfläche wird bis zum Jahr 2032 gefordert.
Sollte Thüringen diese Parameter nicht einhalten, bleibt das für den Zubau der Windenergie nicht ohne Folgen: Den regionalen Planungsgemeinschaften würde in diesem Fall die planerische Hoheit entzogen, damit das Errichten von Windenergieanlagen nach Bundesbaurecht (§35-Priveligierung im Außenbereich) erfolgen könnte.
Dynamik kommt noch nicht in Thüringen an
Bislang ist in Thüringen von den Beschleunigungspaketen des Bundes nicht allzu viel zu spüren. 21 Windenergieanlagen wurden 2022 in Thüringen installiert. Im Jahr davor waren es 14. Noch immer hat der Freistaat mit der Herausforderung zu kämpfen, dass die veralteten Raumordnungspläne zwar mittlerweile fortgeschrieben werden, es aber immer noch kein Baurecht auf den Flächen gibt. Auch fehlt es an kommunalen Möglichkeiten für das Errichten von Windenergieanlagen in den Gemeinden. Eine neue Grundlage für die Thüringer Kommunen wird zwar derzeit mit dem Fortschreiben des Landesentwicklungsprogrammes (LEP) erarbeitet, kann aber auch erst mit der Rechtskraft eines verabschiedeten LEP genutzt werden. Hier geht wertvolle Zeit verloren.
Nicht zuletzt fehlt es auch an Möglichkeiten und gesetzlichen Rahmenbedingungen für Thüringer Unternehmen aus Industrie- und Gewerbe, um Windenergieanlagen in räumlicher Nähe des Unternehmens zu errichten und dieses mit selbst produzierter Energie zu versorgen. Diese Situation lässt sich nur beheben, wenn zügig Raumordnungspläne verabschiedet werden und der LEP den Kommunen mehr Möglichkeiten einräumt, Windenergieanlagen unter Einbeziehung kommunaler Belange selbst zu steuern.
Beteiligung von Kommunen und Bürgern wird gestärkt
Positiv ist für die Servicestelle Windenergie der ThEGA zweifelsohne, dass in Thüringen neben einer Förderrichtlinie für Thüringer Bürgerenergiegenossenschaften auch ein Windbeteiligungsgesetz auf den Weg gebracht wird. Damit wird das Thema regionale Wertschöpfung und die Beteiligung von Thüringer Kommunen und Bürger*innen gestärkt. Auch der §6 im EEG lässt es nun zu, Kommunen an den Erträgen der Windenergieanlagen zu beteiligen. 0,2 Cent pro KWh sind möglich. Das entspricht bei einer durchschnittlichen Anlage mit fünf Megawatt installierter Leistung einer finanziellen Beteiligungsmöglichkeit von etwa 25.000 Euro pro Jahr und Anlage.