Blick nach vorn: Was die Zukunft bringt?

 ThEGA-Geschäftsführer Dieter Sell analysiert den aktuellen Stand der Energiewende und macht Vorschläge, an welchen Stellschrauben in Thüringen und Deutschland gedreht werden sollte. Zusätzlich verraten wir, welche Themen und Projekte die ThEGA in den kommenden Jahren besonders beschäftigen werden.

Wie weiter mit dem Klimaschutz in Deutschland?

ThEGA-Geschäftsführer Dieter Sell schlägt sechs Maßnahmen vor, damit Deutschland seine Klimaziele erreicht.

Das zehnjährige Bestehen der ThEGA fällt in ein Ausnahmejahr: Das Coronavirus verbreitet sich weltweit. Es bedroht unsere Gesundheit und lässt gesellschaftliche Optimierungspotenziale zu Tage treten. Die Maßnahme zur Eindämmung der Pandemie haben zu einer wirtschaftlichen Krise geführt. Weltweit stellen Regierungen immense Finanzmittel bereit, um das Coronavirus und die wirtschaftlichen Schäden einzudämmen. Zu Recht haben viele Akteure darauf hingewiesen, dass die Klimakrise mittel- bis langfristig eine mindestens ebenso große Bedrohung für die Menschheit darstellt. Entsprechend spielen Zukunftstechnologien und Klimaschutz im deutschen wie auch im angekündigten Thüringer Corona-Konjunkturprogramm eine beträchtliche Rolle.

Doch das kann nur ein Anfang sein. Das Konjunkturpaket ist ein wichtiger klimapolitischer Schritt. Der Weg, um die Klimaziele zu erreichen, ist aber noch weit. Die ThEGA hat deshalb gemeinsam mit anderen Energieagenturen einen Maßnahmenkatalog für nachhaltigen Klimaschutz erarbeitet. Dessen zentrale Elemente sollen den Kern der ThEGA-Aktivitäten in den nächsten Jahren bilden:

Steigerung der Sanierungsquote im Wohnbereich

Eine Erhöhung der Sanierungsquote von Wohngebäuden von einem auf zwei Prozent ist ein großes Konjunkturprogramm und ein wichtiger Hebel für mehr Klimaschutz. 

Photovoltaik-Pflicht für Neubauten, erneuerbare Energien weiter ausbauen

Das Einführen einer Photovoltaik-Pflicht für alle Neubauten erhöht den Anteil der erneuerbaren Energien und sichert Jobs im Handwerk.

Energetische Sanierung von öffentlichen Gebäuden und Infrastrukturen

Land und Kommunen können bei der energetischen Sanierung ihrer Gebäude und sonstiger Verbrauchsinfrastrukturen mit gutem Beispiel vorangehen. Die energetische Sanierung der öffentlichen Gebäude/Infrastrukturen – kommunale wie landeseigene – rentiert sich doppelt: erstens für das Klima, zweitens spart die öffentliche Hand Energiekosten.

Sektorenkopplung forcieren, Abwärmenutzung steigern

Die Elektrifizierung des Mobilitäts- und Wärmesektors muss aktiv gestaltet werden: Im Mobilitätsbereich sollte auf emissionsarme (elektrobasierte) Antriebe gesetzt werden, um den eingeleiteten Strukturwandel der Branche zu flankieren. In der Wärmeversorgung sollte der Anteil erneuerbarer Energien und die Abwärmenutzung kontinuierlich gesteigert werden.

Klimafreundliche Industrie und Landwirtschaft unterstützen

Die Industrie wie auch die Landwirtschaft müssen auf ihrem Pfad zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen und zu mehr Energie- und 
Ressourceneffizienzmaßnahmen weiter begleitet und bestärkt werden.

Forschung und Zukunftstechnologien fördern

Das kosteneffiziente Erreichen der Klimaziele im industriellen Bereich erfordert neue industrielle Grundlagen, zum Beispiel für die Wasserstoffwirtschaft. Diese und weitere Technologien müssen mit Priorität erforscht und entwickelt werden.

Wie weiter mit der Energiewende in Thüringen?

Diese Chancen sollte Thüringen für eine erfolgreiche Energiewende nutzen, empfiehlt ThEGA-Geschäftsführer Dieter Sell.

Um moderne, klimafreundliche Technologien in Thüringen neu zu entwickeln und einzusetzen, sind Innovationen im Freistaat und die schnelle Adaption neuer Technologien von außerhalb notwendig. Hierzu braucht es ein innovationsfreundliches Umfeld und die Kooperationsbereitschaft aller Schlüsselakteure in Landes- und Kommunalverwaltungen, Unternehmen, Forschungseinrichtungen und bei den Bürger*innen. Hier besteht im Freistaat noch immer deutliches Optimierungspotenzial.

Wenn wir für mehr Klimaschutz in Thüringen am Rad der Energiewende drehen wollen, müssen wir das Räderwerk gemeinsam beschleunigen! Innovationen entstehen nicht durch Abwarten. Sie entstehen, wenn Ideen, Technologien und Rahmenbedingungen in systematischen, intelligenten und interaktiven Ansätzen zu neuen Vorgehensweisen, Produkten und Dienstleistungen
umgesetzt werden – die ThEGA als Thüringer Kompetenzzentrum für die Energiewende integriert sie gern in ihr Netzwerk.

Wasserstoff: gute Aussichten für Klimaschutz und Wirtschaft

Aktuell bietet das viel diskutierte Thema Wasserstoff die Möglichkeit, für den Freistaat attraktive, neue wirtschaftliche Chancen zu erschließen – verbunden mit der Schaffung neuer, hoch qualifizierter Arbeitsplätze. Hierfür sind eine geschickte Strategie und eine zielführende Vernetzung aller relevanten Akteure im Land notwendig. Die ThEGA unterstützt diesen Prozess durch vielfältige Informationsangebote und steht gern als erfahrener Partner und Netzwerker zur Verfügung. 

Windenergie: Planungsverfahren beschleunigen und transparenter machen

Die Chancen, die Klimaschutz und Energiewende für Thüringen bieten, müssen konsequenter als bisher genutzt werden. Dies zeigt beispielsweise die Tatsache, dass der weit überwiegende Anteil der Windkraftanlagen in Thüringen externe Eigentümer hat. Wenn, wie in Thüringen, schon das schlichte Errichten von Windkraftanlagen ein mehrjähriges, kräftezehrendes Projekt ist und mangels eigener Initiative die vorhandenen Wertschöpfungspotenziale nicht gehoben werden, wird auch wenig Neues im Umfeld passieren. Hier müssen wir uns gemeinsam darum kümmern, die Planungs- und Genehmigungsverfahren transparenter und schneller zu machen. Ein Nachjustieren im Bereich der bestehenden Regelwerke kann hierbei ein Schlüssel sein. Zudem muss in Zukunft noch mehr Initiative von Thüringer Partnern ausgehen – die Servicestelle Windenergie der ThEGA bietet gern Unterstützung an.

Innovative Geschäftsmodelle: bürokratische Hürden abbauen

Innovative Geschäftsmodelle wie beispielsweise das Contracting oder die kommunale Beteiligung an großen Erzeugungsanlagen für erneuerbare Energien scheitern im Land noch zu oft an bürokratischen Hürden. So haben es Innovationen und Innovatoren im Freistaat oft schwer. Auch hier müssen wir gemeinsam Kriterien und Verfahrensweisen entwickeln, um solche Modelle in Thüringen Realität werden zu lassen. In den zehn Jahren ihres Bestehens ist die ThEGA zu einem Kompetenzzentrum gereift, das hilft, innovative Konzepte in Thüringen umzusetzen – von der Idee über die Einwerbung von Fördermitteln bis zur Realisierung.

Künftige Projekte der ThEGA

Thüringer Energieatlas

Der Energieatlas ist das zentrale Internetportal für die Energiewende in Thüringen. Die interaktive Landkarte geht im Januar 2021 auf der ThEGA-Website online. Der Energieatlas sammelt alles Wichtige zu den vier E: erneuerbare Energien, Energiesparen, Elektromobilität und Energieeffizienz. Übersichtlich und interaktiv erhalten die Nutzer*innen Daten und Fakten, Kontakt- und Förderinformationen sowie Erfolgsbeispiele. Zum Beispiel kann man sich anzeigen lassen, wo Windräder, PV-Anlagen oder Ladesäulen im Freistaat stehen, und jeweils Detailinformationen zu den Standorten erhalten. 

Bei der Suche nach Abwärmequellen, gelungenen Praxisbeispielen oder Energiestatistiken ist der Thüringer Energieatlas künftig ebenfalls die zentrale Anlaufstelle. Für Unternehmen, Kommunen und Initiativen schafft er ein Portal, um neue Projekte zu planen, Kooperationspartner zu finden oder bestehende Standorte und Vorhaben effizient weiterzuentwickeln. Zusätzlich hilft er, Projektentwickler, Wissensträger und Forschungseinrichtungen bestehender Projekte zu vernetzen.

www.energieatlas-thueringen.de

Entwicklung klimaneutraler Gewerbegebiete

Immer mehr globale Unternehmen setzen auf Klimaneutralität und fordern dies vermehrt von ihren Zulieferern ein. Diese Entwicklung macht auch vor regionalen Dienstleistern nicht Halt, die ihre Produktionsprozesse mittelfristig klimaneutral umstellen müssen. Um die Klimaneutralität von Gewerbegebieten voranzutreiben, kann bereits beim Erschließen und Planen neuer Standorte auf Energieeffizienz gesetzt werden. In Bestandsgebieten können durch Synergieeffekte, gutes Sanierungs- und Effizienzmanagement sowie den Einsatz erneuerbarer Energien beträchtliche Einsparungen erzielt werden. In der Praxis bedeutet das: Wenn etwa ein Unternehmen Abwärme erzeugt und andere Unternehmen diese Abwärme benötigen, muss künftig eine Zusammenführung gelingen. Die ThEGA steht Thüringer Unternehmen bei der Planung künftiger Standorte und Sanierungsmaßnahmen beratend zur Seite.

Klimaneutrale Landesverwaltung

Thüringens Landesverwaltung will bis 2030 klimaneutral sein. Hierfür muss Energie eingespart, erneuerbare Energien ausgebaut und Emissionen kompensiert werden. Die ThEGA hat im Auftrag der Landesregierung eine aufwendige Portfolioanalyse durchgeführt, wonach fast 500 der 1.700 Liegenschaften der Landesverwaltung einer energetischen Modernisierung unterzogen werden müssen. Die ThEGA empfiehlt, mit den Gebäuden mit den größten Sparpotenzialen zu beginnen, um in den kommenden Jahren die erstellte Liste sukzessive abzuarbeiten.

Thüringer Wasserstoff-Strategie

Die Bundesregierung stellt in den kommenden zehn Jahren neun Milliarden Euro für eine nationale Wasserstoff-Strategie bereit. Thüringen will sich dabei als Forschungs- und Anwendungsstandort profilieren, eigene Projekte und Anwendungsmöglichkeiten initiieren oder weiterentwickeln. Die ThEGA unterstützt bereits die Wasserstoffbusse in Nordhausen, die Bergbaugeräte in der ehemaligen Kali-Grube Sondershausen sowie die Wasserstofferzeugung in Sonneberg. Ziel einer ganzheitlichen Thüringer Wasserstoff-Strategie in den nächsten Jahren muss es sein, ein Bündeln der vorhandenen Kräfte, Ideen und Akteure zu schaffen. In der im Oktober 2019 erschienenen Studie „Wasserstoff in Thüringen“ wurde die Ausgangslage beurteilt und Potenziale sowie Handlungsoptionen ausgewiesen. Für Akteure dient die ThEGA in Zukunft als Ansprechpartner, um zur Entwicklung neuer oder Verbesserung vorhandener Wasserstoffvorhaben am Standort Thüringen zu beraten.

Oberhof-Projekt

Wie können 2023 trotz des Klimawandels klimaneutrale, schneesichere Weltmeisterschaften im Biathlon und Rennrodeln in Oberhof stattfinden? Das ist der Kern des Oberhof-Projektes, bei dem die ThEGA vor allem als steuernde Instanz versucht, die Sportstätten möglichst klimaneutral zu betreiben. Im Rahmen eines ganzheitlichen Zeit- und Ressourcenplans werden alle Projektpartner so miteinander verknüpft, dass jeder Partner seine Stärken einbringt und möglichst wenig Kraft verloren geht.

Kontakt aufnehmen

Thüringer Energie- und GreenTech-Agentur GmbH (ThEGA)

Mainzerhofstraße 10
99084 Erfurt
Telefon: 0361 5603-220
E-Mail: info@thega.de

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